GEIST GOTTES

Der Geist Gottes ist vom Vater und vom Sohne nicht trennbar. Er offenbart sich mit ihnen in Jesus Christus, doch hat er seine eigene Art und Weise, sich zu offenbaren, wie er auch seine eigene Personalität besitzt. Der Sohn offenbart uns in seiner Menschheit, die der unsrigen identisch ist, wer er ist, zugleich aber auch, wer der jenige ist, den er unaufhörlich bestimmt: der Vater Während wir vom Sohne und vom Vater die Züge zu zeichnen vermögen, hat der Geist weder ein bestimmtes Antlitz noch einen Namen, der an irgendeine menschliche Gestalt erinnert. In allen Sprachen ist sein Name (hebr. ruah> griech. pneuma, lat. spiritus) ein Gattungsname, der den natürlichen Phänomenen des Windes und des Atems entlehnt ist, so sehr, daß derselbe Text: ,,Sendest du deinen Odem aus, so entstehen sie (die Lebewesen) neu, und du erneuerst das Antlitz der Erde" (Ps 104,30), ebensogut vom kosmischen Bild vom göttlichen Hauch verstanden werden kann, dessen Rhythmus den Wechsel der Jahreszeiten bestimmt, wie von der Ausgießung des Heihgen Geistes, der den Herzen Leben verleiht.

Es ist unmöglich, den Geist mit Händen zu greifen. Man ,,hört seine Stimme", man stellt sein Wehen an zuweilen eindeutigen Zeichen fest, doch kann man nicht sagen, ,,woher er kommt oder wohin er geht" (Jo 3,8). Er wirkt stets nur durch eine andere Person, indem er von ihr Besitz ergreift und sie umwandelt. Kein Zweifel, daß er außerordentliche Wirkungen hervorbringt, die das ,,Antlitz der Erde erneuern" (Ps 104,30). Doch wirkt er stets von innen her, und nur von innen her ist er auch zu erkennen: ,,Ihr kennt ihn, denn er wird dauernd in euch sein" (Jo 14,17). Die erhabenen Symbole des Heiligen Geistes, das Wasser das Feuer die Luft und der Wind, gehören der Welt der Natur an und besitzen keine bestimmte Gestalt. Sie lassen vor allem an das plötzliche Einbrechen einer Gegenwart an ein unwiderstehliches und stets in der Tiefe sich vollziehen des Sichmitteilen denken. Doch ist der Heilige Geist weder mehr noch weniger geheimnisvoll als der Vater und der Sohn, doch bringt er uns noch unabweislicher zum Bewußtsein, daß Gott das Geheimnis ist. Er hindert uns daran, zu vergessen, daß ,,Gott Geist ist" (Jo 4,24) und daß ,,der Herr Geist ist" (2 Kor 3,17).

AT

Hier ist der Geist Gottes noch nicht als Person geoffenbart, sondern als eine göttliche Kraft die menschliche Persönlichkeiten umwandelt, um sie zu außerordentlichen Taten zu befähigen. Diese Taten aber zielen stets darauf ab, das Volk in seiner Berufung zu festigen, es zum Diener und Partner des heiligen Gottes zu machen. Dieser Geist, der von Gott kommt und auf ihn hinordnet, ist ein heiliger Geist. Dieser Geist, der vom Gott Israels ausgeht und Israel dem Bundesgott weiht, ist ein heiligender Geist. Diese Tätigkeit und diese Offenbarung treten vor allem in dreifacher Weise hervor: auf der messianischen Linie des Heiles, auf der prophetischen Linie des Wortes und des Zeugnisses und auf der Opferlinie des Dienstes und der Weihe. Auf diesen drei Wegen ist das Volk Israel in seiner Gesamtheit berufen, den Geist zu empfangen.

I. Geist und Heil

1. Die Richter. Die Richter Israels werden vom Geist Gottes erweckt. Ohne je daran gedacht zu haben, ohne jegliche Vorbereitung, ohne irgendeinen Widerstand entgegensetzen zu können, werden einfache Söhne des Landes, wie Samson, Gedeon, Saul, urplötzlich und vollkommen umgewandelt und nicht nur dazu befähigt, außerordentliche Taten der Kühnheit und der Kraft zu vollbringen, sondern auch mit einer neuen Persönlichkeit ausgestattet, die sie dazu befähigt, eine Aufgabe zu übernehmen und eine Sendung zu erfüllen, und zwar die, ihr Volk zu befreien. Mittels ihrer Arme und ihres Geistes setzt der Geist Gottes die Heidenzeit des Auszuges und der Wüste fort, stellt er die Einheit und das Heil Israels sicher und erweist sich dadurch als Ursprung des heiligen Volkes Seine Tätigkeit ist innerlicher Natur, wenn sie auch durch Bilder ausgedrückt wird, die das plötzliche und außergewöhnliche Eingreifen unterstreichen: der Geist ,,kam" über Othoniel oder Jephte (Ri 3,10; 11,29), er ,,stürzte sich" gleich einem Adler auf seine Beute (Ri 14,6; 1 Sm 11,6), ,,überkleidete" Gedeon wie mit einem Panzer (Ri 6,34).

2. Die Könige. Die Richter sind nur auf bestimmte Zeiten bestellte Befreier, und der Geist verläßt sie wieder, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Ihre Erben sind die Könige die mit einer dauernden Aufgabe betraut werden. Der Ritus der Salbung der sie weiht, bekundet das unauslöschliche Gezeichnetsein vom göttlichen Geist und verleiht ihnen eine unverletzliche Majestät (1 Sm 10,1; 16,13).

3. Der Messias. Die rituelle Salbung allein genügt nicht, um aus Königen treue Diener Gottes zu machen, die in der Lage sind, Israel das Heil, die Gerechtigkeit und den Frieden zu verbürgen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, bedarf es einer viel tiefer greifenden Einwirkung des Geistes, jener unmittelbaren Salbung Gottes, die den Messias kennzeichnen wird. Auf ihn wird der Geist nicht nur herabkommen, sondern wird auf ihm ruhen Is 11,2). In ihm wird er all seine Gaben aufleuchten lassen: die Weisheit und die Einsicht wie in Besalel (Ex 35,31) oder in Salomo, den Rat und die Kraft wie in David, die Erkenntnis und die Furcht Gottes, das Ideal der großen religiösen Seelen in Israel. Diese Gaben werden für das so regierte Land eine AEra des Glückes und der Heiligkeit eröffnen (Is 11,9).

II. Geist und Zeugnis

1. Die nbi'im. Sie waren Vorgänger der Propheten, die das Hervorrufen religiöser Begeisterungszustände berufsmäßig pflegten. Bei ihnen läßt sich zwischen jenen menschlichen UEbungen, die sie in Trancezustände versetzten, und des göttlichen Einwirkung nicht immer streng unterscheiden. Doch stellen sie eine der lebendigen Kräfte Israels dar, sofern sie für die > Macht Jahves Zeugnis ablegten. Und man erkannte in der Kraft, die sie im Namen des wahren Gottes sprechen ließ, die Gegenwart seines Geistes (Ex 15,20; Nm 11,25ff; 1 Sm 10,6; 1 Kg 1 8,22).

2. Die Propheten. Wenn sich die großen Propheten oder wenigstens die ältesten von ihnen, nicht auf den Geist berufen, sondern es häufig vorziehen, die Kraft, die sie erfaßt hat, als Hand Gottes zu bezeichnen (Is 8,11; Jr 1,9; 15,17; Ez 3,14), so nicht deshalb, weil sie gar nicht daran denken, den Geist zu besitzen, sondern weil sie sich bewußt sind, daß sie ihn auf eine andere Art und Weise besitzen als ihre Vorgänger, die nbi'im. In einem Beruf und in einer bestimmten Situation stehend, bei vollem Bewußtsein und oft unter Auflehnung ihres gesamten Wesens, werden sie von einer souveränen Macht erfaßt und zum Sprechen gezwungen (Am 3,8; 7,14f; Jr 20,7ff). Das Wort, das sie verkünden, kommt aus ihrem Mund, und sie wissen auch, um welchen Preis, aber es ist nicht in ihnen geboren, es ist das Wort jenes Gottes selbst, der sie sendet. Auf diese Weise zeichnet sich der Zusammenhang zwischen dem Wort Gottes und seinem Geiste ab, der schon bei Elias zutage tritt (1 Kg 19,12f) und nicht mehr verschwinden wird. Auf diese Weise beschränkt sich der Geist nicht mehr darauf, eine neue Persönlichkeit zu erwecken, die im Dienste seines Wirkens stehen soll, sondern er verleiht ihr auch Einblick in den Sinn und in das Geheimnis dieses Wirkens. Der Geist ist nicht mehr bloß ,,Einsicht und Kraft", so ndern auch ,,Erkenntnis Gottes" und seiner Wege (vgl. Is 11,3).

Doch erschließt der Geist den Propheten nicht nur das Wort Gottes bis zur Offenbarung der göttlichen Herrlichkeit (Ez 3,12; 8,3), er befähigt sie auch, ,,sich aufzurichten" (Ez 2,1; 3,24), um zum Volke zu sprechen (Ez 11,5) und ihm das kommende Gericht anzukündigen. Auf diese Weise macht er sie zu Zeugen und legt selbst Zeugnis für Gott ab (Neh 9,30; vgl. Zach 7,12).

III. Geist und Weihe. Der Knecht Jahves

Die Zusammengehörigkeit der messianischen und befreienden Aufgabe des Geistes und seiner prophetischen Aufgabe als Künder des Wortes und des Gerichtes, die schon beim isaianischen Messiasbilde zutage getreten war, wird beim Knecht Jahves in voller Klarheit deutlich. Weil Gott ,,seinen Geist auf ihn gelegt hat", wird der Knecht ,,den Heiden die Gerechtigkeit verkünden" (Is 42,1; vgl. 61,1f). Der Prophet ist es, der die Gerechtigkeit verkündet, aber der König ist es, der ihr zum Durchbruch verhilft. Nun aber wird der Knecht ,,durch seine Leiden die Vielen rechtfertigen" (53,11), d. h., er wird sie in den Zustand der Gerechtigkeit versetzen; seine Aufgabe hat also etwas Königliches. Prophetische Aufgabe und messianische Aufgabe, vom selben Geist bewirkt, verbinden sich miteinander. Da aber der Knecht andererseits derjenige ist, ,,an dem Gott sein Wohlgefallen hat" (42,1), jenes Wohlgefallen, das er von den Opfern erwartet, die ihm geschuldet sind, so ist Gott das ganze Leben und Sterben seines Knechtes heilig, eine Sühne für die Sünder, das Heil für die Vielen. Der Heilige Geist ist es, der heiligt.

IV. Der Geist über dem Volke

Das Wirken des Geistes in den Propheten und in den Knechten Gottes ist selbst prophetischer Natur. Es kündigt seine Ausgießung auf das gesamte Volk an, dem Regen vergleichbar, der der ausgetrockneten Erde das Leben wiedergibt (Is 32,I5;44,3; Ez 36,25; Joel 3,1f),gleich wie der Lebensodem den verdorrten Gebeinen neues Leben einhaucht (Ez 37). Diese Ausgießung des Geistes gleicht einer Neuschöpfung ( Neu Schöpfung , sie bedeutet den Aufbruch des Rechts und der Gerechtigkeit in einem erneuerten Land (Is 32,16), den Aufbruch einer Empfänglichkeit für die Stimme Gottes, einer von innen kommenden Treue zu seinem Worte (Is 59,21; Ps 143,10) und zu seinem Bund (Ez 36,27), das Erwachen des Bedürfnisses, Gott um seine Gaben zu bitten (Zach 12,10) und ihn für seine Gaben zu loben (Ps 51,17), und dies aus umgewandelten Herzen heraus. Das aus dem Geist wiedergeborene Israel wird seinen Gott wiedererkennen, Gott aber wird sich seinem Volk wieder zuwenden: ,,Mein Angesicht will ich nicht mehr vor ihnen verbergen, weil ich meinen Geist über das Haus Israel ausgegossen habe" (Ez 39,29).

Diese Vision aber war vorerst nur eine Hoffnung. Im Alten Testament konnte der Geist nicht ständig ver bleiben da er ,,noch nicht gegeben war" (Jo 7,39). Gewiß wußte man, daß der Heilige Geist von allem Anfang an, zur Zeit des Roten Meeres und der Wolkensäule in Moses wirksam gewesen ist und Israel dem Ort seiner Ruhe entgegengeführt hat (Is 63,9-14). Doch wußte man auch, daß das Volk nach wie vor fähig war, ,,den Heiligen Geist zu betrüben" (63,10) und sein Wirken zu lähmen. Sollte die Gabe allumfassend und endgültig werden, bedurfte es einer unerhörten Tat, eines persönlichen Eingreifens Gottes:

,,Du, Jahve, bist unser Vater ... Warum, Jahve, läßt du uns abirren von deinen Wegen? ... Ach, daß du den Himmel zerrissest und herniederstiegest .. .,, (63,15-19). Der offene Himmel, ein Vatergott, ein auf die Erde herniedersteigender Gott, bekehrte Herzen: all dies wird in der Tat das Werk des Heiligen Geistes, seine erhabenste Offenbarung in Jesus Christus sein.

V. Schluß: Geist und Wort

Vom einen Ende des Alten Testaments bis zum anderen sind der Geist und das Wort Gottes stets gemeinsam am Werke. Wenn der Messias das Wort jenes Gesetzes das Gott dem Moses gegeben hat, zu beobachten und die Gerechtigkeit zu verwirklichen vermag, so deshalb, weil er den Geist besitzt. Wenn der Prophet für das Wort Zeugnis ablegt, so deshalb, weil ihn der Geist ergriffen hat. Wenn der Knecht den Völkern das Wort des Heiles zu bringen vermag, so deshalb, weil der Geist auf ihm ruht. Wenn Israel eines Tages fähig sein wird, dieses Wort in seinem Herzen zu bejahen, so nur im Heiligen Geiste. So untrennbar diese beiden Mächte auch sind, weisen sie doch klar unterschiedliche Züge auf. Das Wort dringt von außen her ein, sowie das Schwert die Fleischteile bloßlegt. Der Geist ist ein Fluidum und dringt unmerklich ein. Das Wort wird gehört und verstanden, der Geist bleibt unsichtbar. Das Wort ist Offenbarung, der Geist innere Umwandlung. Das Wort richtet sich auf, steht da, behauptet sich. Der Geist steigt herab, wird ausgegossen, taucht unter. Diese Aufteilung der Rollen und ihre notwendige Verbindung begegnen uns auch im Neuen Testament: Das Wort Gottes, das unter der Einwirkung des Heiligen Geistes Fleisch geworden ist, tut nichts ohne diesen Geist, und die Gabe des Heiligen Geistes bildet die Vollendung seines Werkes.

NT

I. Der Geist in Jesus

1. Die Taufe Jesu. Johannes der Täufer wartete nicht nur auf den Messias, sondern harrte auch des Geistes mit all seiner Macht. Er sollte an die Stelle des menschlichen Tuns das unwiderstehliche Handeln Gottes setzen: ,,Ich taufe euch nur mit Wasser, damit ihr euch bekehrt . .. er aber wird euch mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer taufen" (Mt 3,11). Von den traditionellen Symbolen behielt Johannes das unnahbarste bei, die Feuerflamme. Jesus weist diese Ankündigung nicht zurück, doch erfüllt er sie auf eine Art und Weise, die Johannes verblüfft. Er empfängt seine Taufe der Geist aber tut sich über ihm in einer Form kund, die ganz einfach und göttlich zugleich ist, durch Wasser und den Wind, in der Vision des Himmels der sich auftut und von dem eine sanfte Taube herabsteigt. Die Wassertaufe, die Johannes für abgeschafft hielt, wird durch die Einsetzung Jesu zur Taufe mit dem Heiligen Geist. Der Geist offenbart in dem Menschen, der sich mitten unter die Sünder mischt, den verheißenen Messias (Lk 3,22 = Ps 2,7), das Lamm das sich als Opfer für die Sünde der Welt hingibt (Jo 1,29), und den vielgeliebten Sohn (Mk 1,11). Doch offenbart er ihn auf seine geheimnisvolle Weise, ohne sein Wirken nach außen in Erscheinung treten zu lassen. Der Sohn handelt und läßt sich taufen, der Vater spricht zum Sohn, der Geist aber spricht nicht und handelt nicht. Und doch ist seine Gegenwart notwendig zum Dialog zwischen dem Vater und dem Sohn. Indes bleibt der Geist, der nicht fehlen kann, stumm und nach außen hin untätig; er vereinigt seine Stimme nicht mit der Stimme des Vaters, er fügt auch kein Tun zum Tun Jesu hinzu. Was aber tut er dann? Er bewirkt, daß die Begegnung sich vollzieht, er teilt Jesus das Wort des Wohlgefallens, des Stolzes und der Liebe mit, das ihm vom Vater zukommt, und versetzt ihn in sein Sohnesverhalten. Der Heilige Geist läßt die Weihe Christi als die Erstlingsgabe des Opfers des vielgeliebten Sohnes zum Vater emporsteigen.

2. Jesus vom Heiligen Geist empfangen.

Die Gegenwart des Geistes in Jesus, die erst bei der Taufe nach außen kund wurde, geht bis an den Ursprung seines Seins zurück. Die Taufe Jesu ist keine Berufungsszene, sondern die Investitur des Messias und die Beglaubigung seines Sohnes durch Gott, jenes Knechtes, den er zurückbehalten hatte, wie dies die prophetischen ,,Siehe" angekündigt hatten (Is 42,1; 52,13). Die Richter, die Propheten, die Könige überkam eines Tages der Heilige Geist, Johannes der Täufer wurde drei Monate vor seiner Geburt von ihm erfaßt. In Jesus begründet der Heilige Geist keine neue Persönlichkeit; er wohnt in ihm von seinem ersten Augenblick an und wirkt sein Dasein. Vom Schoße der Mutter an macht er aus Jesus den Sohn Gottes. Beide Kindheitsevangelien unterstreichen diese am Anfang stehende Tätigkeit (Mt 1,20; Lk 1,35). Das lukanische hebt durch die Art, wie es die Verkündigung an Maria mit den vorausgegangenen Verkündigungen vergleicht, eindeutig hervor, daß diese Tätigkeit mehr ist als eine Weihe. Samson (Ri 13,5), Samuel (1 Sm 1,11) und Johannes der Täufer (Lk 1,15) waren alle drei von ihrer Empfängnis an mehr oder weniger vollständig und unmittelbar Gott geweiht worden. Jesus aber ist ohne Anwendung irgendeines Ritus, ohne das Dazwischentreten irgendeines Menschen, einzig und allein durch das Wirken des Heiligen Geistes in Maria nicht nur Gott geweiht, sondern auf Grund seines Seins selbst ,,heilig" (Lk 1,35).

3. Jesus wirkt im Heiligen Geist. Jesus tut durch sein ganzes Verhalten das Wirken des Heiligen Geistes in ihm kund (Lk 4,14). Im Heiligen Geiste tritt er dem Teufel entgegen (Mt 4,1), befreit er dessen Opfer (12,28), bringt er den Armen die Frohe Botschaft und das Wort Gottes (Lk 4,18). Im Heiligen Geiste hat er Zutritt zum Vater (Lk 10,21). Seine Wunder die dem Bösen und dem Tode ihre Macht nehmen, die Kraft und die Wahrheit seines Wortes, sein unmittelbarer Umgang mit Gott sind der Beweis dafür, daß der Heilige Geist auf ihm ruht (Is 61,1) und daß er der Erlöser - Messias, der erwartete Prophet und der vielgeliebte Knecht in einer Person ist.Bei den Inspirierten Israels waren die Kundgebungen des Heiligen Geistes stets etwas Gelegentliches und Vorübergehendes gewesen, in Jesus sind sie etwas stets Vorhandenes. Er nimmt das Wort Gottes nicht entgegen; was immer er auch sagt, bringt er dieses zum Ausdruck. Er wartet nicht auf einen bestimmten Augenblick, um ein Wunder zu wirken; das Wunder geht von ihm ebenso aus, wie von uns die einfachste Geste. Ihm wird der vertraute Umgang mit Gott nicht geschenkt; er lebt stets in völliger Transparenz vor Gott. Niemand hat den Geist je so besessen wie er, der ihn ,,in ungemessener Fülle besaß" (Jo 3,34).

Aber niemand hat ihn auch je auf dieselbe Art und Weise besessen wie er. Die Inspirierten des Alten Testaments wissen sich selbst dann, wenn sie ihrer selbst vollständig bewußt geblieben sind, von einem ergriffen, der stärker war als sie. In Jesus keine Spur eines Zwanges, von all dem, was in unseren Augen die Inspiration anzeigt. Fast möchte man sagen, er bedürfe gar nicht des Heiligen Geistes, um die Werke Gottes zu wirken. Nicht, daß er sich seiner jemals begeben könnte: dies kann er ebenso wenig, als er sich seines Vaters begeben kann. Aber so, wie der Vater ,,immer bei ihm ist" (Jo 8,29), kann er auch des Geistes niemals ermangeln. Das Fehlen der gewohnten Auswirkungen des Geistes in Jesus ist ein Zeichen seiner Gottheit. Er erlebt den Geist nicht gleich einer Kraft, die ihn von außen her erfaßte, er ist im Geist daheim; der Geist gehört ihm, er ist sein eigener Geist (vgl. Jo 16,14f).

II. Jesus verheißt den Heiligen Geist

Vom Heiligen Geiste erfüllt und nur durch ihn wirkend, spricht Jesus doch kaum von ihm. Er offenbart ihn durch all sein Tun, doch kann er ihn, solange er unter uns lebt, nicht als von sich verschieden dartun. Erst mußte Jesus von hinnen gehen, erst dann konnte der Heilige Geist ausgegossen und erkannt werden (Jo 7,39; 16,7). Dann erst vermochte man zu erkennen, was der Geist ist und daß er von ihm kommt. Deshalb spricht Jesus zu den Seinigen vom Geiste nur, wenn er sich in einer sinnlich erfaßbaren Weise für eine bestimmte Zeit (Mt 10,20) oder endgültig von ihnen trennt (Jo 14,16f. 26; 16,23f).

Bei den Synoptikern scheint der Geist nur in schwierigen Situationen, inmitten von triumphierenden Feinden, vor den Gerichtshöfen, in Tätigkeit treten zu sollen (Mk 13,11). Doch geben uns die trauten Gespräche nach dem letzten Abendmahl tiefere Aufschlüsse: die Feindseligkeit der Welt gegen Jesus ist keine Zufallserscheinung. Wenn sie auch nicht tagtäglich in Form gewaltsamer Verfolgungen zutage tritt, so werden die Jünger ihre Drohung doch ständig auf sich lasten fühlen (Jo 15,18-21), und deshalb wird auch der Geist stets bei ihnen sein (14,16f).

Wie Jesus seinen Vater sein ganzes Leben hindurch bekannt hat(Jo 5,41; 8,50; 12,49), so werden auch die Jünger für den Herrn Zeugnis ablegen müssen (Mk 13,9; Jo 15,27). Solange Jesus bei ihnen weilte, hatten sie nichts zu fürchten, er war ihr Paraklet stets bereit, sie zu verteidigen und aus schwierigen Situationen zu erretten (Jo 17,12). Nach seinem Weggang aber wird der Heilige Geist an seine Stelle treten, um ihr Paraklet zu sein (14,16; 16,7). Obwohl von Jesus verschieden, wird er doch nicht in seinem eigenen Namen reden, sondern stets von Jesus, mit dem er untrennbar verbunden ist und den er ,,verherrlichen" wird (16,13f). Er wird die Jünger an die Taten und Worte Jesu erinnern und ihnen deren Verständnis vermitteln (14,26). Er wird ihnen die Kraft verleihen, im Namen Jesu der Welt entgegenzutreten, den Sinn seines Todes zu verstehen und für jenes göttliche Geheimnis Zeugnis abzulegen, das durch dieses ärgerniserregende Ereignis Wirklichkeit geworden ist: die Verurteilung der Sünde, die Niederlage Satans, der Sieg der Gerechtigkeit Gottes (16,8-11).

III. Jesus verfügt über den Heiligen Geist

Der nach seinem Tode wieder auferstandene Jesus hat der Kirche seinen Geist gegeben. Mag der Geist eines sterbenden Menschen noch so gewaltig, mag sein Einfluß noch so tiefgreifend gewesen sein, er ist trotzdem dazu verurteilt, der Vergangenheit anheimzufallen. Mag ihn sein Werk auch überleben, es gehört ihm nicht mehr an, er vermag nichts mehr darüber und muß es den Launen der Menschen überlassen. Als aber Jesus starb und seinen Geist Gott zurückgab, da hat er ihn gleichzeitig seiner Kirche übergeben (Jo 19,30). Bis zu seinem Tode schien der Geist an die natürlichen Grenzen seiner menschlichen Individualität und ihres Wirkungsbereiches gebunden. Nun aber, da der Menschensohn erhöht ist und zur Rechten des Vaters in seiner Herrlichkeit thront (12,23), zieht er die erlöste Menschheit an sich (12,32) und gießt er über sie den Heiligen Geist aus (7,39; 20,22f; Apg 2,33).

IV. Die Kirche empfängt den Heiligen Geist

Die Kirche als Neuschöpfung kann nur aus dem Geiste geboren werden, aus dem alles entsteht, was aus Gott geboren wird (Jo 3,5f). Die Apostelgeschichte ist gleichsam ein ,,Evangelium des Heiligen Geistes".

Das Wirken des Heiligen Geistes zeigt darin dieselben beiden Züge, die wir schon im Alten Testament feststellen konnten. Auf der einen Seite Wunder und außerordentliche Geschehnisse: Inspirierte werden vom Geiste ergriffen (Apg 2,4. 5. 11), Kranke und Besessene werden geheilt (3,7; 5,12. 15 ...), die Jünger werden mit heroischer Zuversicht erfüllt (4,13. 31; 5,20; 10,20). Andererseits bezeugen diese Wunder als Zeichen des endgültigen Heiles, daß die Bekehrung möglich ist, daß die Sünden vergeben sind, daß die Stunde gekommen ist, da Gott in der Kirche seinen Geist ausgießt (2,38; 3,26; 4,12; 5,32; 10,43).

Dieser Geist ist der Geist Jesu. Er bewirkt, daß die Taten Jesu weitergetan, das Wort Jesu weiterverkündet (4,30; 5,42; 6,7; 9,20; 18,5; 19,10.20), das Gebet Jesu fortgesetzt (Apg 7,59f = Lk 23,34. 46; Apg 21,14 = Lk 22,42), die Danksagung Jesu im Brechen des Brotes ohne Unterlaß weitergeführt wird; er erhält die Einheit unter den Brüdern aufrecht (Apg 2,42; 4,32), die die Jünger Jesu zusammenhielt. Unmöglich, an den Fortbestand von Gepflogenheiten zu denken, die sie sich im Umgang mit ihm angeeignet hätten, an einen entschiedenen Willen, sein Dasein fortzusetzen. Als er noch bei ihnen war, hatte es des ganzen Einflusses seiner Persönlichkeit bedurft, um sie zusammenzuhalten. Nun aber, da ihn seine Jünger nicht mehr sahen und obwohl sie an seinem Beispiel ersehen konnten, welchen Gefahren sie sich aussetzten, folgten sie spontan seinen Spuren: sie haben den Geist Jesu empfangen.

Der Heilige Geist ist jene Kraft die die im Entstehen begriffene Kirche sich ,,bis an die Grenzen der Erde" ausbreiten ließ (1,8). Bald bemächtigte er sich unmittelbar einzelner Heiden (10,44) und stellte dadurch unter Beweis, daß er ,,auf alles Fleisch ausgegossen" worden ist (2,17), bald überträgt er jenen, die er erwählt hat, eine Sendung so Philippus (8,26. 29f), Petrus (10,20), Paulus und Barnabas (13,2.4). Doch war der Heilige Geist nicht nur an der Gründung der Kirche beteiligt: er begleitete und führte die Unternehmungen der Apostel (16,6f) und lieh ihren Entscheidungen seine Autorität (15,28).

Wenn das Wort ,, wuchs und sich ausbreitete" (6,7; 12,24), so war der Geist die innere Quelle dieses mit Freude gepaarten Schwungs (13,52).

V. Die Erfahrung des Geistes beim hl. Paulus

1. Der Heilige Geist, die Herrlichkeit Christi in uns. Jener, der Jesus durch die Macht seines Geistes der Heiligkeit (Röm 1,4) auferweckt (Röm 8,11) und ihn zu einem lebendigmachenden Geist gemacht hat (1 Kor 15,45), hat damit gleichzeitig auch den Heiligen Geist zur Herrlichkeit des auferstandenen Herrn gemacht (2 Kor 3,18). Die Gabe des Heiligen Geistes ist die Gegenwart der Herrlichkeit des Herrn in uns, die uns nach seinem Bilde umgestaltet. Deshalb trennt der hl. Paulus Christus und den Geist, ,,Leben in Christus" und ,,Leben im Geiste" nicht voneinander. ,,Christus ist das Leben" (Gal 2,20), aber auch der Heilige Geist ist das Leben (Röm 8,2.10). ,,In Jesus Christus sein (Röm 8,1) heißt ,,nach dem Geiste leben" (8,5).

2. Die Zeichen des Heiligen Geistes. Das Leben aus dem Geiste ist noch kein intuitives Erfassen des Geistes, es ist noch ein Leben aus dem Glauben. Aber es ist ein wirkliches Erfahren und eine konkrete Gewißheit, denn es ist die Erfahrung einer Gegenwart mit Hilfe von Zeichen. Diese Zeichen sind außerordentlich vielfältig. Doch stehen alle, angefangen von den relativ äußerlichen Charismen der Gabe der Sprachen oder der Heilung (1 Kor 12,28f; 14,12), bis zu den ,,höheren" Gaben (12,31) des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, im Dienste des Evangeliums, für das sie Zeugnis ablegen (1 Thess 1,5f; 1 Kor 1,5f), und des Leibes Christi, den sie auferbauen (1 Kor 12,4-30).

Sie alle lassen uns auch auf dem Weg über das Tun und die Zustände des Menschen, auf dem Wege der ,,Gaben, die Gott uns verliehen hat" (1 Kor 2,12), eine persönliche Gegenwart erfassen, jemanden, der in uns ,,wohnt" (Röm 8,11), der ,,Zeugnis ablegt" (8,16), der ,,fiir uns ein tritt" (8,26), der sich mit unserem Geiste vereinigt (8,16) und ,,in unseren Herzen ruft" (Gal 4,6).

3. Der Heilige Geist als Quelle des neuen Lebens. Die Erfahrung des Geistes ist bei aller Vielfalt der Formen im Grunde stets ein und dieselbe: an die Stelle eines verrteilten und schon vom Tode gezeichneten Daseins ist das Leben getreten. An die Stelle des Gesetzes das uns an den alten Buchstaben verhaftete, ist die ,,Neuheit des Geistes" getreten (Röm 7,6), an die Stelle des Fluches des Gesetzes ist der Segen Abrahams im Geiste der Verheißung getreten (Gal 3,13f). An die Stelle des Bundes des Buchstabens, der tötet, ist der Bund des Geistes getreten, der lebendig macht (2 Kor 3,6). An die Stelle der Sünde, die das Gesetz des Fleisches aufzwang, ist das Gesetz des Geistes und der Gerechtigkeit getreten (Röm 7,18.25; 8,2.4). An die Stelle der Werke des Fleisches sind die Früchte des Geistes getreten (Gal 5,19 bis 23). An die Stelle der Verdammnis, die auf dem Sünder die ,,Trübsal und Bedrängnis" des göttlichen Zornes lasten ließ (Röm 2,9), sind der Friede und die Freude des Geistes getreten (1 Thess 1,6; Gal 5,22...).

Dieses Leben ist uns bereits geschenkt, und wir ermangeln im Geiste keiner Gabe (1 Kor 1,7), doch ist es uns zu einer Zeit geschenkt, da wir noch im Kampfe stehen, denn in dieser Welt besitzen wir erst das ,,Angeld" (2 Kor 1,22; 5,5; Eph 1,4) und die Erstlingsgabe des Geistes (Röm 8,23). Der Geist ruft uns zum Kampf gegen das Fleisch auf. Unter die Indikative, die seine Gegenwart aussagen, mischen sich beständig die Imperative, die seine Forderungen kundtun: ,,Da nun der Geist unser Leben ist, so lasset uns auch im Geiste wandeln !,, (Gal 5,25; vgl. 6,9; Röm 8, 9. 13; Eph 4,30), er verwandle ,,die Wesen aus Fleisch, unmündige Kinder in Christus" in ,,geistige Menschen" (1 Kor 3,1).

4. Der Geist und die Kirche. Die aus dem Geist geborene neue Schöpfung ist die Kirche. Kirche und Geist sind untrennbar miteinander verbunden: in der Kirche voll zieht sich die Erfahrung des Geistes, dieser aber erschließt auch den Zugang zum Geheimnis der Kirche. Die Charismen sind um so wertvoller, je wirksamer sie zum Aufbau der Kirche (1 Kor 12,7; 14,4) und zur Heiligung des Tempels Gottes beitragen (1 Kor 3,16; Eph 2,22). Indem der Geist sein Wirken und seine Gaben unaufhörlich erneuert, arbeitet er unablässig an der Einheit des Leibes Christi (1 Kor 12,13). Als Geist der Gemeinschaft (Eph 4,3; Phil 2,1) gießt er den Herzen die höchste aller Gaben, die Liebe, ein (1 Kor 13; 2 Kor 6,6; Gal 5,22; Röm 5,5) und schließt sie alle in seiner Einheit zusammen (Eph 4,4).

5. Der Geist Gottes. ,,Ein Leib und ein Geist . . . ein Herr ... ein Gott" (Eph 4,4ff). Der Geist bewirkt Einheit, weil er der Geist Gottes ist. Der Geist heiligt (2 Kor 1,22), weil er der Geist des heiligen Gottes ist. Das gesamte Wirken des Geistes zielt darauf ab, uns Zugang zu Gott zu verschaffen, uns in lebendige Gemeinschaft mit Gott zu versetzen, uns in seine göttlichen Tiefen eindringen zu lassen und uns die Geheimnisse Gottes zu vermitteln (1 Kor 2,10f). Im Geiste erkennen wir Christus und bekennen wir, daß ,,Jesus der Herr" ist (12,3), im Geiste beten wir zu Gott (Röm 8,26) und nennen wir ihn bei seinem Namen der da heißt: Vater (Röm 8,15; Gal 4,6). Von dem Augenblick an, da wir den Geist besitzen, kann uns nichts in der Welt mehr schaden, denn Gott hat sich uns geschenkt, und wir leben in ihm. Charismen